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Zur Regierungsvorlage des Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG (481 d.B.)


20.11.2020

Am 19.11.2020 wurde seitens der Bundesregierung die Regierungsvorlage des Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG (481 d.B.) veröffentlicht. Der Text der Regierungsvorlage unterscheidet sich in einigen (nicht unwesentlichen) Punkten vom Ministerialentwurf vom September 2020 (50/ME).

 

I. Folgende Eckpunkte sind in Bezug auf das Mediengesetz wesentlich:

  • Die medienrechtlichen Entschädigungsbeträge werden erhöht und sollen nach 8 Abs 1 MedienG neu standardmäßig bei allen Entschädigungstatbeständen bis zu € 40.000,-, in schwerwiegenden Fällen nach §§ 6, 7 oder 7c MedienG bis zu € 100.000,- betragen.

    Es wurde bei der einheitlichen Regelung der Kriterien und Höchstsummen auf die Möglichkeit des Zuspruchs von höheren Entschädigungsbeträgen bei „einem besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die gebotene journalistische Sorgfalt“ verzichtet (so noch der Ministerialentwurf). Stattdessen soll nun die Formulierung „grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten des Medieninhabers oder seines Mitarbeiters“ verwendet werden.

    Antragstellern ist es nunmehr verwehrt, auf Basis eines (möglicherweise nicht schuldhaften oder nur leicht fahrlässigen) Verstoßes gegen die journalistische Sorgfalt den Zuspruch besonders hoher Entschädigungsbeträge zu argumentieren. Die nunmehr im Gesetzestext verankerte grobe Fahrlässigkeit (bzw. Vorsatz) scheint eine gewisse Hürde für den Zuspruch besonderes hoher Entschädigungsbeträge darzustellen. Naturgemäß fehlt bis dato belastbare Rechtsprechung dazu, wann bei Erfüllung der medienrechtlichen Entschädigungstatbestände grob fahrlässiges Verhalten auf Seiten von JournalistInnen vorliegt.
  • Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zufolge soll die neue Regelung des § 8 MedienG die Rechtsprechung ermuntern, den Rahmen der medienrechtlichen Entschädigungsbeträge auszuschöpfen und tendenziell höhere Entschädigungsbeträge Es wurde (wohl eher als politisches Signal) ein Mindestentschädigungsbetrag von € 100,- festgelegt.

    Wie die medienrechtliche Entscheidungspraxis reagieren wird, bleibt abzuwarten. Mit den neuen Verschuldensaspekten können sowohl höhere als auch niedrigere Entschädigungsbeträge im Einzelfall argumentiert werden. Es ist also unklar, wie sich die Neuerungen auf Entschädigungsbeträge auswirken werden.
  • Einige noch im Ministerialentwurf enthaltene begriffliche Unstimmigkeiten wurden beseitigt. So wird nunmehr einheitlich für alle Entschädigungstatbestände statt der Begriffe „Kränkung“ oder (noch im Ministerialentwurf enthalten) „Verletzung“ die Wendung „persönliche Beeinträchtigung“ verwendet. Diese Konsistenz sollte Auslegungsfragen dahingehend ersparen, ob der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Begriffen bei unterschiedlichen Entschädigungstatbeständen unterschiedliche Rechtsfolgen normieren wollte.
  • Bezüglich der Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten (im Falle des § 7a MedienG neu) auf Angehörige und Zeugen wurde § 7a Abs 2 Z 1 MedienG um eine Klarstellung dahingehend ergänzt, wann schutzwürdige Interessen dieser Betroffenengruppe jedenfalls verletzt sind. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn berechtigte Sicherheitsinteressen beeinträchtigt werden können.
  • Die schon im Ministerialentwurf dem Arbeit- oder Dienstgeber eingeräumte Möglichkeit, quasi „für“ (oder neben) seinen Mitarbeiter einen Antrag auf Einziehung oder Löschung einzubringen, wurde nun präzisiert. Die „Geltendmachung des Anspruchs des Arbeit- oder Dienstgebersist nicht von der Zustimmung des Arbeit- oder Dienstnehmers abhängig“ (§ 33a MedienG neu). Wie häufig Unternehmen von der Möglichkeit zu solchen Anträgen Gebrauch machen werden, wird sich zeigen.
  • Durch 36b MedienG neu wird die Möglichkeit geschaffen, Ansprüche auf Löschung und Urteilsveröffentlichung gegen Host-Provider durchzusetzen, wenn der Medieninhaber nicht belangt werden kann, etwa weil dieser seinen Sitz im Ausland hat.

 

II. Neben Änderungen in zahlreichen anderen Gesetzesmaterien (unter anderem auch im ABGB und in der ZPO) bringt die Regierungsvorlage auch eine neue Strafbestimmung im StGB betreffend „Unbefugte Bildaufnahmen“.

Der Text des § 120a StGB (neu) wurde im Vergleich zum Ministerialentwurf teilweise angepasst und lautet und in der Fassung der Regierungsvorlage wie folgt:

120a (1) Wer absichtlich eine Bildaufnahme der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person, die diese Bereiche gegen Anblick geschützt hat oder sich in einer Wohnstätte oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, ohne deren Einwilligung herstellt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Wer eine Bildaufnahme nach Abs. 1 ohne Einwilligung der abgebildeten Person einem Dritten zugänglich macht oder veröffentlicht, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit gleicher oder strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwölf Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) Der Täter ist nur mit Ermächtigung der verletzten Person zu verfolgen.

 Damit wird nun auch die klassische voyeuristische Fotografie (Hineinfotografieren in Wohnungen), selbst wenn dabei kein besonderer Schutz gegen Einblick vorliegt (zB eine große gut einsichtige Glasfront in der Innenstadt) strafrechtlich sanktionierbar. Die Strafdrohung wurde für den Fall der Aufnahme (Abs 1) im Vergleich zum Ministerialentwurf herabgesetzt (6 Monate statt 1 Jahr), betreffend die Veröffentlichung / Zugänglichmachung solcher Aufnahmen (Abs 2) bleibt es bei einer Strafdrohung von bis zu einem Jahr.