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EUGH: Unlautere Geschäftspraktik – als Information getarnte Werbung


20.09.2021

In Österreich gilt seit dem Inkrafttreten des Mediengesetzes nach § 26 MedienG die Verpflichtung zur Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen. Wenn bei einer „Anzeige“ nicht ausgeschlossen werden kann (aufgrund deren Gestaltung und Anordnung), dass es sich um (entgeltliche) Werbung handelt, muss durch die Verwendung des Wortes „entgeltliche Einschaltung“, „Anzeige“„Werbung“ (oder Ähnliches) klargestellt werden, dass eine entgeltliche Einschaltung vorliegt. Damit will der Gesetzgeber Schleichwerbung verhindern und Praktiken, die dem journalistischen und redaktionellen Alltag leider nicht fremd sind, vermeiden. Ein Leser soll nicht über die Entgeltlichkeit getäuscht werden, da ein objektiver, redaktioneller Artikel nämlich ein völlig anderes Gewicht hat, als Werbung, bei der der Umworbene Objektivität nicht erwartet. Mit anderen Worten: entgeltliche Berichterstattung muss gekennzeichnet werden, außer es ist völlig klar, dass es sich dabei um Werbung (und nicht sorgfältig recherchierte Artikel) handelt. Neben der wettbewerbsrechtlichen Unzulässigkeit (§ 1 UWG iVm § 26 MedienG) stellt ein Verstoß gegen diese Kennzeichnungsverpflichtung auch eine Verwaltungsübertretung dar, die nach § 27 MedienG mit Geldstrafen bis zu € 20.000,00 zu ahnden ist. 

Der Europäische Gerichtshof („EuGH“) hat nunmehr zu der Parallelbestimmung einer unionsrechtlichen Vorschrift ein Urteil erlassen. Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (UGP-Richtlinie) wurde mit der UWG-Novelle 2007 umgesetzt. Der Tatbestand des Anhangs I in Z 11 Satz 1 dieser Richtlinie besteht in der irreführenden Geschäftspraktik, mit der redaktionelle Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt werden und der Gewerbetreibende diese Verkaufsförderung bezahlt hat, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern eindeutig hervorgehen würde (als Information getarnte Werbung). Es gilt seitdem als Information getarnte Werbung als per se verboten im Sinne des § 2 Abs 2 UWG. 

Im Ausgangsrechtstreit vor dem EuGH standen einander zwei regionale Peek & Cloppenburg Unternehmen gegenüber, P&C Düsseldorf und P&C Hamburg. In der Modezeitschrift Grazia wurde eine bundesweite Werbemaßnahme durchgeführt, mit der zu einem Shopping-Erlebnis nach Feierabend eingeladen wurde. P&C Düsseldorf beteiligte sich an den Kosten dieser Werbekampagne, und stellte Grazia die verwendeten Bilder zu Verfügung. Die Verkaufsabende waren gemeinsam mit Grazia veranstaltet worden, die Kosten wurden von P&C Düsseldorf gemeinsam mit Grazia bestritten. Fraglich war, ob die gemeinsame Kostentragung einerseits und die kostenlose Überlassung von Nutzungsrechte an Bildmaterial andererseits bereits für das Merkmal der „Entgeltlichkeit“ ausreichten. 

Der EuGH hat in seiner Entscheidung zunächst klargestellt, dass der Verstoß gegen das Verbot der Schleichwerbung sowohl von einem Verbraucher geahndet, als auch von einem Mitbewerber (wie auch hier geschehen) mittels Klage verfolgt werden kann. Weiters stellte der EuGH klar (dies im Sinne seiner weiten Definition der „Geschäftspraxis“) dass auch eine gemeinsame Verkaufsveranstaltung „mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder Lieferung von Produkten und Dienstleistungen an Verbraucher“ zusammenhänge, und daher in den Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie falle. Er wies weiters darauf hin, dass die Geschäftspraktiken des Anhangs 1 der UGP-Richtlinie unter allen Umständen als unlauter anzusehen wären. Diese Geschäftspraktiken sind also unzulässig, ohne dass es auf eine Beurteilung des Einzelfalles ankommt - sie sind jedenfalls zu unterlassen. 

Der EuGH verweis auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach die UGP-Richtlinie einen besonders weiten materiellen Anwendungsbereich habe, womit ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken gewährleistet wird. Vor allem das unterschiedliche Informationsniveau und das Ungleichgewicht in Informationenkompetenz rechtfertige eine verbraucherfreundliche Spruchpraxis. 

Der EuGH kam sodann zum Schluss, dass bereits die kostenlose Zurverfügungstellung von urheberrechtlich geschützten Fotografien eine unmittelbare Bezahlung der jeweiligen Veröffentlichung darstellen kann, wenn auf den Bildern die Räumlichkeiten und die von dem Gewerbetreibenden im Rahmen der betreffenden Werbeaktion angebotenen Produkte dargestellt sind. Die Zurverfügungstellung von Werbefotos habe nämlich einen Geldwert und diene der Verkaufsförderung der Produkte des Gewerbetreibenden. Zusammengefasst hat der EuGH daher ein sehr weites Verständnis des Verbotes der Schleichwerbung erkennen lassen.

Im Rahmen von Medienkooperationen ist daher darauf zu achten, dass bereits die Zurverfügungstellung von „geldwertem“ urheberrechtlich geschützten Material jenes Entgelt darstellen kann, das zur Verpflichtung zur (auf zweifelsfreie Art und Weise durchzuführenden) Kennzeichnung dieser sohin entgeltlichen Berichterstattung führt.